Lauschangriff – KW 21/22
SHAMELESS – So Good, You Should…
(Pride & Joy Music/ VÖ: 20.05.2022)
Eigentlich hätte ich nicht geglaubt, dass ich nur knapp zwei Monate nach BONESHAKERs „Those For About To Rock“ schon wieder ein Album mit Coverversionen in den ‚Lauschangriff‘ nehmen würde, aber da hab ich die Rechnung wirklich ohne Alexx Michael und seiner bunten Rasselbande von SHAMELESS gemacht. Gut fünf Jahre nach ihrer letzten Scheibe „The Filthy 7“ kommt die Glam Rock-Supergroup mit ihrem ‚almost covers‘-Album „So Good, You Should…“ mitreißend schwungvoll und ausgelassen herzerfrischend ums Eck, sodass ein amtlicher ‚Lauschangriff‘ schier unumgänglich war.
Wie komm ich nun auf den Ausdruck ‚almost covers‘-Album? Ganz einfach: neben acht Coverversionen, die mächtig fett in den SHAMELESS-Sound-Schminkkoffer gefallen sind und raffiniert mit einigen hörkosmetischen Überraschungen aufgefrischt wurden, sowie einer bisher unveröffentlichten Nummer aus dem Archiv-Tresor von Gene Simmons (KISS), sind auch drei Songs aus eigener Feder vertreten. Nach kurzem Intro „Erection“, das wohl in Anlehnung an Eddie VAN HALENs „Eruption“ entstanden ist, geht’s gleich nahtlos und kraftvoll-rotzig in „Get Ready“ (THE TEMPTATIONS/ 1966) über, ohne dabei auf stilechte Soul-Orchesterparts zu verzichten, die hier äußerst einfallsreich in den typischen SHAMELESS-Sound eingewoben sind. Nicht weniger keck, aber noch eine deutliche Schippe härter und aggressiver knallt mit „Shout It Out“, die erste eigene Nummer auf dieser Scheibe aus den Boxen, als ob es kein Morgen mehr geben würde. Der Titeltrack hingegen schlängelt sich mit einer unbeschreiblichen Lässigkeit durch die Gehörgänge und wird mit Sicherheit in Windeseile auf der anstehenden Tour zu einer stimmungsvollen Live-Hymne aufsteigen. Beide Songs hat im Übrigen die neue Hauptsängerin Charlotte Tybalt (BLUE RUIN) eingesungen, die auch noch drei weitere Songs auf der Scheibe mit ihrem facettenreichen Organ veredelt hat. Darunter auch meine absolute Lieblingsnummer „Ain’t Got No Sense“, das im Original (1979) von der kanadischen Punk Rock-Band THE TEENAGE HEAD stammt. Wobei man fast meinen könnte, die Nummer wäre ein gut gehütetes Relikt aus den Songwriting-Sessions zu „Queen 4 Day“. Ein weiteres Meisterwerk ist die Interpretation des GREEN DAYS-Klassikers „Stay The Night“. Während die Original-Fassung eine spritzige Gitarrenrock-Nummer ist, haben Alexx Michael und Charlotte Tybalt – mit der Unterstützung von Violinistin Lisa Hellmich und Paul Rossler am Klavier – eine sanft dahinschmelzende Ballade gezaubert. Ein weiteres Juwel auf „So Good, You Should…“ ist zweifelsohne „Love Is Blind“ (Vocals: Frankie Muriel/ Leadgitarre: Bruce Kulick), die bereits erwähnte Nummer aus der Feder von Gene Simmons. Wenn man sich so anhört, was SHAMELESS aus dem KISS-Demo von 1977 mit viel Fingerspitzengefühl und Raffinesse herauskitzeln konnten, stellt man sich durchaus die berechtigte Frage, warum KISS diese Nummer seinerzeit nicht selbst komplett ausproduziert und veröffentlicht haben. Als weitere Anspieltipps auf einer durchgehend mit Highlights bespickten Scheibe möchte ich an dieser Stelle die wahrlich prickelnde Umsetzung des Titelsongs („Eastbound And Down“/ Vocals: Jaret Reddick/ BOWLING FOR SOUP) aus dem Kult-Roadmovie „Ein ausgekochtes Schlitzohr“ (1977), in der Country und Glam Rock in Perfektion ineinander aufgehen, sowie „Does Your Mother Know“, das einmal mehr verdeutlicht welche verkappte Rock Power in den Songs von ABBA stellenweise steckt, nicht komplett außenvorlassen.
Langer Rede, kurzer Sinn: SHAMELESS ist es auf „So Good, You Should…“ beneidenswert gut gelungen altbekannte Gassenhauer so raffiniert in ihren typischen Bandsound zu packen, dass man beinahe annehmen könnte es handelt sich hier tatsächlich um ihre eigenen neuen Songs, die man trotzdem irgendwie seit vielen Jahren kennt. Genau so geht Cover-Rock, und nicht anders… meinen allerhöchsten Respekt!
übrigens, das Album könnte ihr auf verschiedenen Tonträgern und in Bundles auch direkt bei der Band bestellen:
https://shamelessonline.storenvy.com
Bewertung: 6 Chicks = Höchstnote, wir knien vor Ehrfurcht nieder!!!
